Wie angekündigt, werden die Vorgänge am AG Dresden nun ein Nachspiel nach sich ziehen. Richterin Fahlberg haben wir zunächst wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Wenn der Einlassung eines Angeklagten von vornherein - auch schon vor dem ersten Wort - mit einer solchen Skepsis entgegengesehen wird und dann, nach den ersten Worten, eine Belehrung darüber stattfindet, was das Gericht alles nicht hören möchte (nicht nur: keine Zitate; sondern auch: keine politischen Statements - obwohl diese zur Motivation des Handelns vollkommen unerlässlich sind), kann von einer unvoreingenommenen Richterin nicht mehr ausgegangen werden.
Die Pressestelle des Amtsgericht hat übrigens die Erklärung explizit nachgeliefert, warum das Verfahren am Montag ausgesetzt wurde: "Als Begründung wurde die Unruhe im mit rund 60 Sympathisanten besetzten Gerichtssaal angegeben, zu deren Befriedung laut einer Gerichtssprecherin «nicht genug Wachmeister» da gewesen seien." Offenbar, denn alles andere hatten die Justizwachtmeister ja "im Griff", plante Frau Fahlberg ernsthaft, den Saal räumen zu lassen. Man muss im Hinterkopf behalten, dass ohne die sinnfreien Diskussionen, ob ein Angeklagter sich im Stehen einlassen und ob er 20 Sekunden Tucholsky zitieren dürfe (nachdem das Gericht zwei Jahre die Anklage nicht bearbeitet hatte), keinerlei Unruhe im Publikum aufgekommen wäre. Die Verhandlung hätte am Montag ohne Weiteres zu Ende sein können. Aber es macht sich natürlich viel schicker, erst einmal für absurde Situationen zu sorgen und dem Angeklagten das Sitzen zu befehlen, und anschließend die aufkommende "Unruhe" im Publikum zum Anlass zu nehmen, ggf. gleich den Saal räumen zu lassen. Das Korrektiv der Öffentlichkeit kann für eine befangene Richterin ja auch sehr lästig sein...
Und dann - würden wir "the beginning of a wonderful friendship" mit StA Muck gerne auch gleich wieder beenden. Seine Anmaßungen, etwa dem Angeklagten das Sitzen befehlen zu wollen, aber noch viel mehr, sich zum Richter aufzuspielen und den Justizwachtmeistern zu versuchen, Anweisungen zu erteilen, haben wir zunächst "nur" mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde beantwortet. "Nur", da neben dienstlichen Kompetenzüberschreitungen die Frage nach dem Vorliegen einer Straftat gem. § 132 StGB - eine sogenannte "Amtshandlungsanmaßung"- vorliegt. Wir haben erst einmal nur darauf hingewiesen und warten ab, ob von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden wird.
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3 Kommentare:
§ 132 StGB?! Mutig, so etwas in eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu schreiben. Aber dann weiß man auch gleich, was man von den Ausführungen zu halten hat - nämlich gar nichts.
Also zunächst einmal: was soll denn daran "mutig" sein, einen naheliegenden Verdacht auf das Vorliegen einer Straftat zu benennen? Es wäre doch wohl eher "feige" bzw. inkonsequent, einen solchen starken Verdacht zu haben, darüber aber zu schweigen.
Aber auch die dem Kommentar zugrundeliegende Logik erschließt sich nicht: Begeht ein StA eine Straftat in einer Hauptverhandlung, neben weiteren Dienstpflichtverletzungen, und teilt dann der Verteidiger dies in einer DAB mit, dann muss man sozusagen dadurch, dass der StA (sogar) eine Straftat begangen hat (und man darüber nicht schweigt), von den kompletten Ausführungen "gar nichts" halten?! Das klingt sehr stark nach jemandem, der lieber nicht glauben will, dass solche Vorgänge passieren, um seinen Glauben an die Unfehlbarkeit des Rechtsstaates (und seiner Repräsentanten) nicht zu beschädigen.
Konkret zu Strafbarkeit gem. § 132 StGB ist folgendes anzumerken: Die "Handlung, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf" (Amtshandlungsanmaßung ohne eigentliche Amtsanmaßung), ist die sitzungspolizeiliche Anordnung. Diese darf nur durch den Richter (das öffentliche Amt) vorgenommen werden, vgl. § 176 GVG. Hinzukommen muss nach der Rechtsprechung ein weiteres Erfordernis: der "Anschein einer hoheitlichen Handlung". Alles offensichtlich gegeben, denn bei allen Beteiligten, die sich damit nicht genau auskennen (insbesondere die von der "angeordneten" Maßnahme betroffenen Zuschauer) wurde selbstverständlich der Anschein erweckt, der StA dürfe das.
Insofern ist der objektive Tatbestand - unzweifelhaft (und daneben weit deutlicher, als dies im zugrundeliegenden Strafverfahren gegen den Angeklagten der Fall ist) - gegeben. Blieben noch Fragen des subjektiven Tatbestands zu klären. Aber an diesem Punkt angekommen, ist zumindest der Verdacht auf das Vorliegen einer Straftat wohl kaum zu viel behauptet...
Klargestellt sei noch, dass sich nichts dadurch ändert, dass Herr Muck ja selbst auch Amtsträger ist (im Gegenteil: das macht es noch schlimmer), denn die Amtsanmaßung besteht gerade in der Vornahme einer hoheitlichen Handlung, die dem Richter vorbehalten ist.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass in der Kommentierung von Fischer (StGB) als Einzelfälle nahezu durchgehend solche Beispiele genannt werden wie: "Zusendung angeblich städtischer Schreiben mit Aufforderung, Volkszählungsbögen unausgefüllt zurückzugeben; Zusendung eines städtischen Schreibens mit Aufforderung, sich unter Angabe von Bevorzugungsgründen um nur beschränkt verfügbare Plätze in Atomschutzbunker zu bewerben", kein einziges Fallbeispiel dagegen zur Amsanmaßung durch einen Amtsträger in Form von Kompetenzüberschreitung. Das bedeutet aber nicht, dass es so etwas nicht gibt - prominentes Beispiel aus jüngerer Zeit: Im Mai 2008 stoppte der sächsische Verkehrsminister Jurk einen Motorradfahrer, über den er sich geärgert hatte, mit einer Polizeikelle. Auch hier hat ein Amtsträger eine Handlung vorgenommen, mit der er seine Kompetenz überschritt, wofür er einen Strafbefehl über 30 Ts á 300,- EUR erhalten hat.
Nachtrag: Inzwischen sieht auch die StA Dresden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat nach § 132 StGB und hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ich halte zwar *Argumente*, wie wir sie angeführt haben, letztlich für entscheidender als die Posiition der StA DD - aber wenn *sogar* letztere unserer Rechtsauffassung zustimmt...
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