Freitag, 5. März 2010

Kritische Verwendung von NS-Kennzeichen bleibt straffrei - StA Dresden nimmt Rechtsmittel im "Zapfenstreich-Verfahren" zurück

Am Ende scheint die schriftliche Urteilsbegründung doch überzeugt zu haben: Hatte der Sprecher der StA Dresden, Christian Avenarius, zum zunächst eingelegten Rechtsmittel noch gemeint, "die mündliche Urteilsbegründung habe nicht überzeugt", hat die Staatsanwaltschaft nunmehr das Rechtsmittel zurückgenommen. Kurzum: Die kritische Verwendung von NS-Kennzeichen bleibt straffrei - ein Ergebnis, dass auf der einen Seite - wenn man sich die über 35-jährige Geschichte der BGH-Rechtsprechung zu diesem Thema anschaut - nicht überrascht, aber auch ein Ergebnis, welches gerade hieran gemessen einen erstaunlichen Kampf erfordert hat (eine Zusammenfassung der Verfahrenshintergründe ist noch einmal der aktuellen Pressemitteilung zu entnehmen).
Dem Freispruch, um es in aller Knappheit zusammenzufassen, waren vorausgegangen: Eine Hausdurchsuchung durch das LKA Sachsen; ein unzulässiger Versuch, eine Internet-Seite sperren zu lassen; ein Ermittlungsverfahren, in dem die StA gerade dann Anklage erhob, nachdem der BGH im NixGut-Verfahren seine Grundsätze wieder einmal aufgestellt hatte und für eine Verfolgung im vorliegenden Verfahren kein Platz war; eine Richterin, die das Verfahren zwei Jahre lang liegen ließ, um es dann eskalierend und befangen zu betreiben, und die sich am Ende dennoch gezwungen sah - ohne eine Änderung der Sachlage - auf Freispruch zu entscheiden, obwohl sie aus den gleichen Gründen die Anklage nicht hätte zulassen dürfen. Und noch einige Merkwürdigkeiten mehr, die in diesem Blog beleuchtet wurden (und noch werden).

Immerhin, das Verfahren ist damit - fast - abgeschlossen. "Fast", da noch ein paar "Rechnungen offen" sind - ganz praktisch die Rechnung für die Verteidigung in der Sache, aber auch inhaltlich. Dieser Blog ist noch nicht zu schließen, denn wir werden in den kommenden Wochen noch nachträgliches Rechtsmittel gegen die Hausdurchsuchung einlegen und darüber ausführlich berichten - denn hier war mehr im Spiel, als "nur" die nunmehr erwiesene Unzulässigkeit, da von vornherein keine Straftat vorlag; doch dazu dann ausführlicher, wenn es soweit ist. Auch haben wir noch abschließend über die Stellungnahme des Sächsischen Justizministeriums zum Verhalten des Staatsanwalts Muck zu berichten, dies werden wir mit einer Stellungnahme unsererseits in den nächsten Tagen tun, die dann auch hier veröffentlicht werden wird.

Und danach? Auch dann geht es weiter, aber an einem anderen Ort. Wir werden nach so vielen Jahren der Auseinandersetzung mit § 86a StGB einen weiteren Blog eröffnen, der sich mit aktuellen, aber bei Gelegenheit auch historischen Fällen der Rechtsprechung beschäftigt. Mit der Zeit hoffen wir, dass sich dies zu einer wertvollen Quelle nicht nur in akuten Rechtsstreitigkeiten entwickeln wird, sondern darüber hinaus auch als Grundlage zur rechtspolitischen Frage, wie es mit § 86a StGB selbst weitergehen soll, dienen kann. Bis dahin werden noch ein paar Wochen bis Monate ins Land gehen, aber wir können jetzt schon versprechen: Weniger spannend wird es kaum werden...