Sonntag, 13. Dezember 2009

Das Hakenkreuz bleibt!

... auf einem Grabstein auf dem Friedhof in Wangersen, in der Nähe von Hamburg, wie das Hamburger Abendblatt am Freitag berichtete. Die Staatsanwaltschaft Stade hat, nachdem sie bereits 2008 auf das Nazi-Symbol aufmerksam gemacht worden war, nunmehr beschlossen: Kein Verstoß gegen § 86a StGB, d.h. keine strafbare "Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen". Man fragt sich warum, und bekommt als Erklärung geliefert: "Da auf dem Grabstein aber außer dem Hakenkreuz weiter nichts Anstößiges, Volksverhetzendes zu sehen sei, würde gemäß den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch Paragraf 86a nicht greifen. Resultat: Das Hakenkreuz bleibt." Verständlich ist das nicht, schon gar nicht ließe sich ein solcher Erklärungsversuch mit der Rechtsprechung zu § 86a StGB in Übereinstimmung bringen. Mehrere Schutzzwecke des § 86a StGB verletzt das Zeichen an dieser Stelle ohnehin, worauf der Redakteur hinweist, vermutlich ohne sich der juristischen Relevanz seiner Eindrücke bewusst zu sein: Das Verhindern der sog. "gruppeninternen Wirkung", also die Wirkung auf und unter (hier wohl eher: Alt-)Nazis; ebenso aber das Verhindern, dass die Verwendung von Kennzeichen in Einzelfällen straflos bleibt mit der Gefahr der weiteren Einbürgerung solcher Verwendungen und anschließender Problematik, ausuferndem Gebrauch Einhalt zu bieten. Und schließlich die Wahrung des politischen Friedens, die gestört sein könne, wenn sich der Eindruck aufdrängt, solche Zeichen können - von Menschen, die auch hinter dem Symbolgehalt des Zeichens stehen - wieder in der Öffentlichkeit verwendet werden. Die Diskussion in Wangersen jedenfalls geht weiter, es äußern sich etwa eine fachlich vollkommen danebenliegende Sprecherin des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz und andere...

Ortswechsel: Fast gleichzeitig findet am Montag in Dresden die Hauptverhandlung in dem 86a-Verfahren gegen Jörg Eichler statt. "Verwendetes" Symbol: Eine SS-Rune auf einem Soldatenhelm, das ganze als Teil einer Grafik, die unter den Überschriften "Vergangenheit und Gegenwart - Den Zapfenstreich-en - Wider der Militarisierung des Alltags!" zu Protesten gegen einen Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Dresden im Jahr 2006 aufrief. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zu § 86a StGB lässt sich dieses Verfahren allerdings auch nicht bringen - hat der BGH doch seit 37 Jahren immer wieder gepredigt, dass kein Verstoß gegen § 86a StGB vorliegt, wenn die Darstellung dem "Schutzzweck ersichtlich nicht zuwiderläuft". Zuletzt und in besonders deutlicher Weise musste der BGH diese Rechtsprechung wieder anmahnen, als es um die Verfolgung des "NixGut"-Versandhändlers ging, der u.a. durchgestrichene Hakenkreuze und ähnliche antifaschistische Symbole vertreibt.

Das Grab in Wangersen gehört der Familie von Peter Brinkmann. Dieser ist NPD-Politiker. Verfolgt wird er nicht.

Die Grafik in Dresden hat Jörg Eichler zu verantworten. Dieser ist Totaler Kriegsdienstverweigerer und seit Jahren in Dresden und darüber hinaus antimlitaristisch aktiv. Und steht am Montag vor Gericht.

1 Kommentar:

Ingrid Mueller hat gesagt…

Das kann ich einfach nicht verstehen! Wie ist das möglich! Diese Symbolen müssen wir nicht mehr sehen!