Auf manche Dinge ist Verlass. Immer, wenn sich die Bundeswehr in Dresden ihr Stelldichein zum Zapfenstreich gibt, gibt es dagegen Protest. Dieser Protest nimmt auch immer wieder - das ist ja auch zumindest einer der Gründe, warum es überhaupt besonderen Protest gegen diese besonders martialische Show gibt - Bezug auf die Geschichte, kurz: Bezug auf dunkelste Momente deutscher Geschichte, in denen militärische und/oder politische Propaganda notwendige Wegbereiter für die Entwicklungen bis hin zum "Totalen Krieg" waren.
2006. Dresden. Zapfenstreich. Protest. Aufkleber mit Helmen mit SS-Runen. § 86a StGB. Ermittlungsverfahren. Hausdurchsuchung. Strafverfahren. Freispruch. All das etwas länger und weniger einfach, als es in diesen Stichworten zum Ausdruck kommt, aber dieses Blog erzählt ja die ganze Geschichte.
2010. Dresden. Zapfenstreich. Protest. Sportpalastrede via Lautsprecher. §86a StGB. Ermittlungsverfahren. Da stehen wir heute.
Wir fragen uns, wie man eigentlich so lernresistent sein kann... Der BGH hatte 1972 erklärt, was selbst das AG Dresden - nach einer ganzen Weile, am Ende, immerhin - 2009 verstanden hat, selbst die Staatsanwaltschaft Dresden, wenn auch erst etwas später, und was so schwierig eigentlich zu verstehen nicht ist: Werden Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen in offenbar kritisch-distanzierender Art und Weise verwendet, so ist der Tatbestand des § 86a StGB nicht erfüllt.
Die erste Frage ist die, ob die "Sportpalastrede" unter § 86a StGB fällt. Ohne hier schon einer Antwort vorgreifen zu wollen: Wenn das Ermittlungsverfahren tatsächlich weiter geführt werden sollte, so wird sich die Staatsanwaltschaft Dresden einmal mehr mit der unangenehmen Frage konfrontiert sehen, warum in Fällen wie diesen zugelangt werden soll, während vergleichbare Vorfälle in Fällen nationalsozialistischer Verwendung keineswegs als Straftat gewertet wird... Details heben wir uns für später auf...
Mittwoch, 24. November 2010
Freitag, 5. März 2010
Kritische Verwendung von NS-Kennzeichen bleibt straffrei - StA Dresden nimmt Rechtsmittel im "Zapfenstreich-Verfahren" zurück
Am Ende scheint die schriftliche Urteilsbegründung doch überzeugt zu haben: Hatte der Sprecher der StA Dresden, Christian Avenarius, zum zunächst eingelegten Rechtsmittel noch gemeint, "die mündliche Urteilsbegründung habe nicht überzeugt", hat die Staatsanwaltschaft nunmehr das Rechtsmittel zurückgenommen. Kurzum: Die kritische Verwendung von NS-Kennzeichen bleibt straffrei - ein Ergebnis, dass auf der einen Seite - wenn man sich die über 35-jährige Geschichte der BGH-Rechtsprechung zu diesem Thema anschaut - nicht überrascht, aber auch ein Ergebnis, welches gerade hieran gemessen einen erstaunlichen Kampf erfordert hat (eine Zusammenfassung der Verfahrenshintergründe ist noch einmal der aktuellen Pressemitteilung zu entnehmen).
Dem Freispruch, um es in aller Knappheit zusammenzufassen, waren vorausgegangen: Eine Hausdurchsuchung durch das LKA Sachsen; ein unzulässiger Versuch, eine Internet-Seite sperren zu lassen; ein Ermittlungsverfahren, in dem die StA gerade dann Anklage erhob, nachdem der BGH im NixGut-Verfahren seine Grundsätze wieder einmal aufgestellt hatte und für eine Verfolgung im vorliegenden Verfahren kein Platz war; eine Richterin, die das Verfahren zwei Jahre lang liegen ließ, um es dann eskalierend und befangen zu betreiben, und die sich am Ende dennoch gezwungen sah - ohne eine Änderung der Sachlage - auf Freispruch zu entscheiden, obwohl sie aus den gleichen Gründen die Anklage nicht hätte zulassen dürfen. Und noch einige Merkwürdigkeiten mehr, die in diesem Blog beleuchtet wurden (und noch werden).Immerhin, das Verfahren ist damit - fast - abgeschlossen. "Fast", da noch ein paar "Rechnungen offen" sind - ganz praktisch die Rechnung für die Verteidigung in der Sache, aber auch inhaltlich. Dieser Blog ist noch nicht zu schließen, denn wir werden in den kommenden Wochen noch nachträgliches Rechtsmittel gegen die Hausdurchsuchung einlegen und darüber ausführlich berichten - denn hier war mehr im Spiel, als "nur" die nunmehr erwiesene Unzulässigkeit, da von vornherein keine Straftat vorlag; doch dazu dann ausführlicher, wenn es soweit ist. Auch haben wir noch abschließend über die Stellungnahme des Sächsischen Justizministeriums zum Verhalten des Staatsanwalts Muck zu berichten, dies werden wir mit einer Stellungnahme unsererseits in den nächsten Tagen tun, die dann auch hier veröffentlicht werden wird.
Und danach? Auch dann geht es weiter, aber an einem anderen Ort. Wir werden nach so vielen Jahren der Auseinandersetzung mit § 86a StGB einen weiteren Blog eröffnen, der sich mit aktuellen, aber bei Gelegenheit auch historischen Fällen der Rechtsprechung beschäftigt. Mit der Zeit hoffen wir, dass sich dies zu einer wertvollen Quelle nicht nur in akuten Rechtsstreitigkeiten entwickeln wird, sondern darüber hinaus auch als Grundlage zur rechtspolitischen Frage, wie es mit § 86a StGB selbst weitergehen soll, dienen kann. Bis dahin werden noch ein paar Wochen bis Monate ins Land gehen, aber wir können jetzt schon versprechen: Weniger spannend wird es kaum werden...
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Montag, 1. Februar 2010
Kooperation zw. StA Dresden und LKA "ein Versehen"? Nö, die machen das immer so...
Die Staatsanwaltschaft Dresden hat in den letzten Wochen wieder einmal von sich Reden gemacht. Das Bündnis "Dresden Nazifrei" war der Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und LKA Sachsen zum Opfer gefallen: Wegen der Aufrufplakate wurden in Berlin und Dresden mehrere Hausdurchsuchungen vorgenommen, darüber hinaus gab die StA Dresden dem LKA die Aufgabe mit auf den Weg, die Domain http://www.dresden-nazifrei.de/ sperren zu lassen, was am Ende auch mehr oder minder gelang. An beiden Vorgängen gab es allerlei (berechtigte) Kritik.
So ist die Konstruktion des Aufrufs zu einer Straftat nach § 21 VersG schon deshalb fraglich, da unstrittig weder Gewalttätigkeiten vorgenommen noch angedroht wurden bzw. hierzu nicht aufgerufen wurde. Bleibt einzig die Qualifikation durch "grobe Störungen". Nun muss aber die Absicht selbst, eine Demonstration "zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln", entsprechend qualifiziert sein. Was also nicht funktioniert, und zwar schon aus Gründen der reinen Logik, ist zu sagen: Mit einer Blockade soll die Nazi-Demo verhindert werden, und das ist dann automatisch eine "grobe Störung" - dann hätte man die Qualifikation aus dem Tatbestand raus lassen können. Man könnte im Gegenteil eher zu der Auffassung kommen, dass das Verhindern oder Sprengen einer Demo oder die Vereitelung der Durchführung einer Demo kaum "ungröber" versucht werden kann, als z.B. durch eine friedliche Sitzblockade. "Ungröber" dürfte wohl nur der Versuch sein, die Nazi-Demo durch Telepathie oder Telekinese aufzuhalten (also durch einen in diesem Fall unstrafbaren untauglichen Versuch). Kurzum: Hier hat die Staatsanwaltschaft mal wieder etwas schnell geschossen, und man fragt sich, was das für Kollegen sind, die in einer solch heiklen Situation wie zum 13. Februar in Dresden so dermaßen einäugig vorgehen...
Zur Domain-Sperrung wurde vor allem kritisiert (z.B. hier und hier), dass die StA mit dem LKA im Rahmen einer Strafverfolgung einen Schritt zu weit gegangen ist und sich im Rahmen der Gefahrenabwehr bewegt hat, für den sie nicht zuständig ist. Die StA selbst spricht inzwischen von einem "Versehen" (kein Scherz): "Für die Gefahrenabwehr sind wir nicht zuständig, sondern allein die Polizei." Ist das glaubwürdig? Man muss wohl schon eine gehörige Portion Naivität mit sich herumschleppen, um dies zu glauben. Vor allem aber: Hey, die machen das immer so!
Warum äußern wir uns auf diesem Blog zu der Sache? - Genau, wir hatten das gleiche Problem. Erstens: Es gab eine linke Demo. Zweitens: Es gab einen Aufruf dazu. Drittens: Den gab's auch im Internet. Viertens: Der Aufruf selbst ist rel. eindeutig nicht strafbar. Fünftens: Die StA sagt "Papperlapapp, erstmal Hausdurchsuchung". Sechstens: Die Freunde vom LKA kümmern sich zusammen mit der StA um die Sperrung der Domain.
"Nach Absprache mit der verfahrensführenden Staatsanwältin ... soll nun beim entsprechenden Betreiber des Nameservers ... auf eine Sperrung der Seite http://www.ohne-uns.de hingewirkt werden." - so damals Kriminaloberkommissar Steinbach nach einem Schwätzchen mit Staatsanwältin Frohberg. Daraufhin erging dann ein Drohschreiben des LKA: "Daher ergeht hiermit die Aufforderung unmittelbar nach Erhalt dieses Schreibens die entsprechende Seite zu sperren. Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei Nichtbefolgen dieser Aufforderung der Verdacht auf Beihilfe beim Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gern. §§ 86a, 27 StGB gegeben ist." Dieses Schreiben ist schon von daher spannend, als dass das LKA durch seine Drohung sich wegen Nötigung strafbar gemacht haben könnte. Und dass die Sache mit der StA abgesprochen war? Klar: Ein "Versehen"...
So ist die Konstruktion des Aufrufs zu einer Straftat nach § 21 VersG schon deshalb fraglich, da unstrittig weder Gewalttätigkeiten vorgenommen noch angedroht wurden bzw. hierzu nicht aufgerufen wurde. Bleibt einzig die Qualifikation durch "grobe Störungen". Nun muss aber die Absicht selbst, eine Demonstration "zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln", entsprechend qualifiziert sein. Was also nicht funktioniert, und zwar schon aus Gründen der reinen Logik, ist zu sagen: Mit einer Blockade soll die Nazi-Demo verhindert werden, und das ist dann automatisch eine "grobe Störung" - dann hätte man die Qualifikation aus dem Tatbestand raus lassen können. Man könnte im Gegenteil eher zu der Auffassung kommen, dass das Verhindern oder Sprengen einer Demo oder die Vereitelung der Durchführung einer Demo kaum "ungröber" versucht werden kann, als z.B. durch eine friedliche Sitzblockade. "Ungröber" dürfte wohl nur der Versuch sein, die Nazi-Demo durch Telepathie oder Telekinese aufzuhalten (also durch einen in diesem Fall unstrafbaren untauglichen Versuch). Kurzum: Hier hat die Staatsanwaltschaft mal wieder etwas schnell geschossen, und man fragt sich, was das für Kollegen sind, die in einer solch heiklen Situation wie zum 13. Februar in Dresden so dermaßen einäugig vorgehen...
Zur Domain-Sperrung wurde vor allem kritisiert (z.B. hier und hier), dass die StA mit dem LKA im Rahmen einer Strafverfolgung einen Schritt zu weit gegangen ist und sich im Rahmen der Gefahrenabwehr bewegt hat, für den sie nicht zuständig ist. Die StA selbst spricht inzwischen von einem "Versehen" (kein Scherz): "Für die Gefahrenabwehr sind wir nicht zuständig, sondern allein die Polizei." Ist das glaubwürdig? Man muss wohl schon eine gehörige Portion Naivität mit sich herumschleppen, um dies zu glauben. Vor allem aber: Hey, die machen das immer so!
Warum äußern wir uns auf diesem Blog zu der Sache? - Genau, wir hatten das gleiche Problem. Erstens: Es gab eine linke Demo. Zweitens: Es gab einen Aufruf dazu. Drittens: Den gab's auch im Internet. Viertens: Der Aufruf selbst ist rel. eindeutig nicht strafbar. Fünftens: Die StA sagt "Papperlapapp, erstmal Hausdurchsuchung". Sechstens: Die Freunde vom LKA kümmern sich zusammen mit der StA um die Sperrung der Domain.
"Nach Absprache mit der verfahrensführenden Staatsanwältin ... soll nun beim entsprechenden Betreiber des Nameservers ... auf eine Sperrung der Seite http://www.ohne-uns.de hingewirkt werden." - so damals Kriminaloberkommissar Steinbach nach einem Schwätzchen mit Staatsanwältin Frohberg. Daraufhin erging dann ein Drohschreiben des LKA: "Daher ergeht hiermit die Aufforderung unmittelbar nach Erhalt dieses Schreibens die entsprechende Seite zu sperren. Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei Nichtbefolgen dieser Aufforderung der Verdacht auf Beihilfe beim Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gern. §§ 86a, 27 StGB gegeben ist." Dieses Schreiben ist schon von daher spannend, als dass das LKA durch seine Drohung sich wegen Nötigung strafbar gemacht haben könnte. Und dass die Sache mit der StA abgesprochen war? Klar: Ein "Versehen"...
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Montag, 25. Januar 2010
Schriftliches Urteil im "Zapfenstreich-Verfahren" liegt vor - StA wechselt von Revision auf Berufung
Das freisprechende schriftliche Urteil des AG Dresden im Verfahren wegen "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" (§ 86a StGB) liegt vor. Richterin Fahlberg, die sich in diesem Verfahren nun nicht gerade durch eine souveräne Verhandlungsleitung ausgezeichnet hatte, hat die schriftlichen Urteilsgründe aber - dies muss man dann auch einmal anerkennend erwähnen - durchaus revisionssicher verfasst. Man kann das Urteil lesen, und kommt zu dem Schluss: Recht so.
Das allerdings scheint die Staatsanwaltschaft in ein Dilemma zu stürzen. Hatte diese ursprünglich Revision eingelegt, hat die Staatsanwaltschaft nunmehr erklärt, das Rechtsmittel der Berufung wählen zu wollen. Nun geht es vorliegend nur um die Rechtsfrage der Strafbarkeit eines völlig aufgeklärten und zu keinem Zeitpunkt strittigen Sachverhalts. Kurzum: Meint die Staatsanwaltschaft, das Urteil sei rechtlich falsch, so wäre die Revision das geeignete Rechtsmittel. Wenn die Staatsanwaltschaft aber nunmehr zu der (zutreffenden) Überzeugung kommt, dass das Urteil rechtlich nicht angreifbar ist - so sollte man meinen, würde diese "neutralste Behörde der Welt" die Revision zurückziehen, und Schluss. Was aber tut sie? Sie wechselt zur Berufung, um die Sache am Landgericht neu aufrollen zu lassen - in der offensichtlichen Hoffnung, hier auf ein "politisch zuverlässigeres" Gericht zu treffen, welches weniger die juristischen, als vielmehr die politischen Überzeugungen der Staatsanwaltschaft teilt, und diese im Zweifelsfall, so wie es die Staatsanwaltschaft vorliegend vortanzt, auch über die juristische Bewertung zu stellen bereit ist.
Nun denn. Auf in die nächste Runde. Die Steuer zahlenden BürgerInnen werden diesen Windmühlenkampf gegen Links der Staatsanwaltschaft Dresden hoffentlich zu schätzen wissen...
Das allerdings scheint die Staatsanwaltschaft in ein Dilemma zu stürzen. Hatte diese ursprünglich Revision eingelegt, hat die Staatsanwaltschaft nunmehr erklärt, das Rechtsmittel der Berufung wählen zu wollen. Nun geht es vorliegend nur um die Rechtsfrage der Strafbarkeit eines völlig aufgeklärten und zu keinem Zeitpunkt strittigen Sachverhalts. Kurzum: Meint die Staatsanwaltschaft, das Urteil sei rechtlich falsch, so wäre die Revision das geeignete Rechtsmittel. Wenn die Staatsanwaltschaft aber nunmehr zu der (zutreffenden) Überzeugung kommt, dass das Urteil rechtlich nicht angreifbar ist - so sollte man meinen, würde diese "neutralste Behörde der Welt" die Revision zurückziehen, und Schluss. Was aber tut sie? Sie wechselt zur Berufung, um die Sache am Landgericht neu aufrollen zu lassen - in der offensichtlichen Hoffnung, hier auf ein "politisch zuverlässigeres" Gericht zu treffen, welches weniger die juristischen, als vielmehr die politischen Überzeugungen der Staatsanwaltschaft teilt, und diese im Zweifelsfall, so wie es die Staatsanwaltschaft vorliegend vortanzt, auch über die juristische Bewertung zu stellen bereit ist.
Nun denn. Auf in die nächste Runde. Die Steuer zahlenden BürgerInnen werden diesen Windmühlenkampf gegen Links der Staatsanwaltschaft Dresden hoffentlich zu schätzen wissen...
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Freitag, 22. Januar 2010
StA Dresden äußert sich zum Rechtsmittel gegen Freispruch im "Zapfenstreich-Verfahren"
Die Staatsanwaltschaft hat Stellung bezogen. Wie der heutigen Presse zu entnehmen ist, erklärte der Sprecher der StA Dresden, Christian Avenarius, "die mündliche Urteilsbegründung habe nicht überzeugt". Das Amtsgericht Dresden hatte bei der Urteilsverkündung im Dezember betont, das inkriminierte Plakat lasse eine Distanzierung vom Nationalsozialismus "deutlich genug" erkennen. Scheinbar kann die Staatsanwaltschaft sich dem nicht anschließen - bleibt zu fragen, auf welchem Auge dieselbe wohl blind sein muss, um zu diesem Schluss zu kommen...
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Montag, 4. Januar 2010
Generalstaatsanwaltschaft Dresden blockt Ermittlungsverfahren gegen Staatsanwalt ab
Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte es schon vorgeturnt: Wenn sich ein Kollege in einer Hauptverhandlung ordentlich vergaloppiert und sich zum Richter aufschwingt und entsprechend den Justizwachtmeistern Befehle zum Entfernen von Zuschauern erteilt - dann prüft die Staatsanwaltschaft erst mal alle möglichen Dinge, nur nicht den strafrechtlich relevanten Vorwurf. Weist man dann darauf hin, dass da doch etwas vergessen wurde, reicht es nach Auffassung der StA Dresden aus, wenn der Verdächtige und die Richterin als duldende Mitwisserin leugnen, um weiterhin gar nicht erst ermitteln zu müssen. Auch das ließen wir nicht unbeantwortet, sondern benannten sieben ZeugInnen, die die Äußerung "Können Sie bitte den Herrn, der da so laut lacht, auch mitnehmen!" belegen können.
Diese unsere weitere Gegenvorstellung - die daneben auch noch einen Antrag auf Akteneinsicht und Übersendung des Geschäftsverteilungsplans der StA Dresden enthielt - wurde nun als Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt. Was nichts anderes heißt, als dass die StA Dresden sagt: "Pah! Uns interessieren auch sieben ZeugInnen nicht!"; der Antrag auf Akteneinsicht gem. § 475 StPO blieb dann auch gleich unbehandelt auf der Strecke. Man hat die Sache also einfach weiter an die Generalstaatsanwaltschaft geschickt.
Und die turnt nach. Staatsanwältin Dagmar Riedel erklärt, die Entscheidung der StA Dresden entspräche "der Sach- und Rechtslage" - und nimmt "um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug". Das ist mutig bis unverfroren, hatte doch die angegriffene Verfügung (vom 22.09.09) gerade den inkriminierten Ausspruch gar keiner Prüfung unterzogen! Aber auch das weitere Schreiben der StA DD vom 11.11.09 wäre kein guter Bezugspunkt, denn dort wurde das Leugnen des vermeintlichen Täters als ausreichend angesehen, um keine Ermittlungen einzuleiten - sicherlich kein Maßstab, den eine Staatsanwaltschaft ansonsten anzulegen bereit ist. Und die angebotenen ZeugInnen? Fallen unter den Tisch, StAin Riedel sind diese nicht einmal eine Erwähnung wert. Wozu auch? "Insoweit wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug genommen." Schon klar...
Im Übrigen, so Riedel, "steht bereits die Sperrwirkung des § 339 StGB einer Strafverfolgung entgegen". Was hat es damit auf sich? Die Idee dahinter ist recht einfach: Wenn ein Richter bei der Leitung einer Rechtssache einen Fehler begeht, z.B. jemanden zu Unrecht inhaftieren lässt, so soll diese Handlung keine strafbewährte Freiheitsberaubung sein - zumindest dann nicht, wenn das Handeln nicht (auch) als Rechtsbeugung (§ 339 StGB) zu klassifizieren ist. Der Vorwurf gegenüber StA Muck ist aber der, dass er nicht bei einer Amtshandlung einen Fehler gemacht hat, sondern dass er eine Handlung vorgenommen hat, die gerade nicht mehr seiner Amtsstellung entspricht; ein Verstoß gegen § 132 Alt. 2 StGB kann also niemals in Konkurrenz zur Rechtsbeugung stehen. Und damit ist dieses Argument der GenStA Dresden - leider nichts wert.
Da das sonstige Verhalten von Staatsanwalt Muck bereits Gegenstand eines Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens beim sächsischen Justizministerium ist, haben wir diese jüngste Entscheidung nunmehr dem Minister zur weiteren Bearbeitung bekannt gegeben. Lassen wir uns überraschen, ob auch auf ministerialer Ebene Fünfe gerade sein gelassen werden - oder ob man es hier etwas genauer nimmt, mit dem Rechtsstaat und dem ganzen Gedöns...
Diese unsere weitere Gegenvorstellung - die daneben auch noch einen Antrag auf Akteneinsicht und Übersendung des Geschäftsverteilungsplans der StA Dresden enthielt - wurde nun als Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt. Was nichts anderes heißt, als dass die StA Dresden sagt: "Pah! Uns interessieren auch sieben ZeugInnen nicht!"; der Antrag auf Akteneinsicht gem. § 475 StPO blieb dann auch gleich unbehandelt auf der Strecke. Man hat die Sache also einfach weiter an die Generalstaatsanwaltschaft geschickt.
Und die turnt nach. Staatsanwältin Dagmar Riedel erklärt, die Entscheidung der StA Dresden entspräche "der Sach- und Rechtslage" - und nimmt "um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug". Das ist mutig bis unverfroren, hatte doch die angegriffene Verfügung (vom 22.09.09) gerade den inkriminierten Ausspruch gar keiner Prüfung unterzogen! Aber auch das weitere Schreiben der StA DD vom 11.11.09 wäre kein guter Bezugspunkt, denn dort wurde das Leugnen des vermeintlichen Täters als ausreichend angesehen, um keine Ermittlungen einzuleiten - sicherlich kein Maßstab, den eine Staatsanwaltschaft ansonsten anzulegen bereit ist. Und die angebotenen ZeugInnen? Fallen unter den Tisch, StAin Riedel sind diese nicht einmal eine Erwähnung wert. Wozu auch? "Insoweit wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug genommen." Schon klar...
Im Übrigen, so Riedel, "steht bereits die Sperrwirkung des § 339 StGB einer Strafverfolgung entgegen". Was hat es damit auf sich? Die Idee dahinter ist recht einfach: Wenn ein Richter bei der Leitung einer Rechtssache einen Fehler begeht, z.B. jemanden zu Unrecht inhaftieren lässt, so soll diese Handlung keine strafbewährte Freiheitsberaubung sein - zumindest dann nicht, wenn das Handeln nicht (auch) als Rechtsbeugung (§ 339 StGB) zu klassifizieren ist. Der Vorwurf gegenüber StA Muck ist aber der, dass er nicht bei einer Amtshandlung einen Fehler gemacht hat, sondern dass er eine Handlung vorgenommen hat, die gerade nicht mehr seiner Amtsstellung entspricht; ein Verstoß gegen § 132 Alt. 2 StGB kann also niemals in Konkurrenz zur Rechtsbeugung stehen. Und damit ist dieses Argument der GenStA Dresden - leider nichts wert.
Da das sonstige Verhalten von Staatsanwalt Muck bereits Gegenstand eines Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens beim sächsischen Justizministerium ist, haben wir diese jüngste Entscheidung nunmehr dem Minister zur weiteren Bearbeitung bekannt gegeben. Lassen wir uns überraschen, ob auch auf ministerialer Ebene Fünfe gerade sein gelassen werden - oder ob man es hier etwas genauer nimmt, mit dem Rechtsstaat und dem ganzen Gedöns...
Dienstag, 22. Dezember 2009
StA Dresden kann's nicht lassen: Rechtsmittel im "Zapfenstreich"-Prozess (§ 86a StGB) eingelegt
Im Verfahren wegen der kritischen Verwendung von SS-Runen auf einem antimilitaristischen Plakat in Dresden, das letzte Woche am AG DD nach bisher über dreijähriger Dauer seit Beginn der Ermittlungen mit einem Freispruch endete, hat die Staatsanwaltschaft es sich nicht nehmen lassen und Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
Man wird abwarten müssen, ob sie das Rechtsmittel nach dem schriftlichen Urteil des Amtsgerichts aufrecht erhält. Abgesehen davon, dass es schon eher peinlich anmutet, dass die Staatsanwaltschaft nicht stille schweigt nach diesem politischen Verfahren und froh ist, die Sache im Sande verlaufen lassen zu können - begrüßen wir die Entscheidung. Denn: Zum einen muss Richterin Fahlberg nun ein ausführliches, möglichst revisionssicheres Urteil schreiben, abgekürzte Gründe nach § 267 Abs. 4 StPO sind damit dahin. Hätte sie dermaleinst die Anklage gar nicht zugelassen, hätte sie sich das Leben wirklich einfacher machen können, aber spät rächt sich, was ein Fehler ist... Hält die StA dann das (nach Angaben der Geschäftsstelle des Amtsgericht als Revision bezeichnete) Rechtsmittel wirklich aufrecht, so dürfte es - wenn denn die Gründe im schriftlichen Urteil etwas ausführlicher und besser sind, als in der mehr als knappen mündlichen Urteilsbegründung - eine weitere positive OLG-Entscheidung zur Frage der kritischen Verwendung von "Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" geben. Auch das wäre letztlich zu begrüßen, denn die alleinige Meinung eines AG Dresden interessiert global ja doch eher weniger.
Alles in allem: Ein zwar zum Fremdschämen Anlass gebendes, aber dennoch dankbar angenommenes Weihnachtsgeschenk der Staatsanwaltschaft an den Angeklagten.
Man wird abwarten müssen, ob sie das Rechtsmittel nach dem schriftlichen Urteil des Amtsgerichts aufrecht erhält. Abgesehen davon, dass es schon eher peinlich anmutet, dass die Staatsanwaltschaft nicht stille schweigt nach diesem politischen Verfahren und froh ist, die Sache im Sande verlaufen lassen zu können - begrüßen wir die Entscheidung. Denn: Zum einen muss Richterin Fahlberg nun ein ausführliches, möglichst revisionssicheres Urteil schreiben, abgekürzte Gründe nach § 267 Abs. 4 StPO sind damit dahin. Hätte sie dermaleinst die Anklage gar nicht zugelassen, hätte sie sich das Leben wirklich einfacher machen können, aber spät rächt sich, was ein Fehler ist... Hält die StA dann das (nach Angaben der Geschäftsstelle des Amtsgericht als Revision bezeichnete) Rechtsmittel wirklich aufrecht, so dürfte es - wenn denn die Gründe im schriftlichen Urteil etwas ausführlicher und besser sind, als in der mehr als knappen mündlichen Urteilsbegründung - eine weitere positive OLG-Entscheidung zur Frage der kritischen Verwendung von "Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" geben. Auch das wäre letztlich zu begrüßen, denn die alleinige Meinung eines AG Dresden interessiert global ja doch eher weniger.
Alles in allem: Ein zwar zum Fremdschämen Anlass gebendes, aber dennoch dankbar angenommenes Weihnachtsgeschenk der Staatsanwaltschaft an den Angeklagten.
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